Volle Transparenz, Gründe & Erläuterungen: Warum müssen wir die Preise für fairafric Produkte erhöhen?
Die globale Schokoladenindustrie sieht sich derzeit mit einer ernsten Krise konfrontiert, die unter anderem durch Ernteausfälle um bis zu 40-50% in Westafrika ausgelöst wurde. Ein Blick hinter die Kulissen des Kakao-Weltmarktes offenbart die Ursachen für diesen drastischen Preisanstieg und die Herausforderungen, mit denen auch fairafric und WeltPartner konfrontiert sind. Im nachfolgenden Blog haben wir die Inhalte des gemeinsamen Anschreibens von fairafric und WeltPartner an die Kund*innen nochmals in komprimierter Form dargestellt.
Die notwendige Kakao-Preiserhöhung und ihre Hintergründe
Das derzeit besonders unsichere, stark schwankende und äußerst angespannte Marktumfeld stellt WeltPartner & fairafric jedoch aktuell vor einige Herausforderungen. Denn der Markt für Bio-Tafelschokolade steht auch 2024 weiter unter Druck, während der Weltmarktpreis für Kakao ein historisches Allzeithoch erreicht hat. In diesen unsicheren Zeiten ist es wichtiger denn je, die Wertschöpfung sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen in Ghana weiter voranzubringen.
Trotz aller Bemühungen kommen wir jedoch nicht mehr umhin, aufgrund des dramatisch um über 300 % angestiegenen Weltmarktpreises leider eine deutliche Preiserhöhung der UVPs zum 01.05.24 vorzunehmen, um dem hohen Kostendruck standhalten zu können. Ohne den Ausbau der Partnerschaft zwischen WeltPartner und fairafric würde die Erhöhung noch höher ausfallen, schafft sie doch zusätzliche Synergie-Effekte, um den gemeinsamen Impact weiter auszubauen und einen besseren Service bieten zu können.
Dramatische Preisentwicklungen am Kakao-Weltmarkt
Doch die gesamte Kakaoindustrie steht derzeit Kopf! Der Weltmarktpreis für Kakao hat sich allein in den letzten 12 Monaten mehr als verdreifacht (von 1.900 Britische Pfund im März 23 auf über 7.150 Britische Pfund im März 24), wobei weiterhin täglich neue historische Höchststände erreicht werden. Einen solchen Preisanstieg hat es auf dem Kakaomarkt noch nie gegeben und betrifft natürlich auch die Einkaufspreise von fairafric und WeltPartner.
Hintergrundinformationen
So wird der Kakaohandel in Ghana von der staatlichen Behörde COCOBOD reguliert, die das Monopol zum Kauf und Verkauf von ghanaischen Kakaobohnen hat. Der Ankauf der Bohnen von den Bäuerinnen und Bauern erfolgt durch COCOBOD-zertifizierte Unternehmen, sogenannte „Licensed Buying Companies“ (LBC). Die Kakaofarmer*innen in Ghana verkaufen ihre Kakaobohnen also an LBCs, welche die Kakaobohnen dann an COCOBOD weiterverkaufen. COCOBOD wiederum hat Verträge über bestimmte Abnahmemengen mit Händlern, die die Kakaobohnen dann an die Industrie verkaufen. Hier dominieren einige wenige Akteure, die knapp 75% des weltweiten Kakaos aufkaufen und damit eine enorme Marktmacht besitzen: Nestlé, Mondelez, Barry Callebaut, Cargill, Olam.
Aber warum steigt der Weltmarktpreis für Kakao derzeit so rapide an?
Vor allem in den letzten zwei Jahren sind die Lebenshaltungskosten in Westafrika extrem gestiegen. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen explodierenden Energiepreise haben in Ghana zu einer Währungskrise geführt, so dass die Inflation in den letzten Jahren stetig auf fast 70 Prozent anstieg. Unserer Vision entsprechend haben wir von fairafric daher die Löhne unserer Mitarbeitenden deutlich erhöht, was kaum ein anderes Unternehmen in Ghana getan hat, so dass die Kaufkraft der Menschen im Land stark gesunken ist. Dieser Effekt, zusammen mit einer letztjährigen unterdurchschnittlichen Ernte führte zu einem ersten Anstieg des Weltmarktpreises für Kakao von 1.800 GBP im ersten Quartal 2022 auf 2.700 GBP im Sommer 2023 - das war zu diesem Zeitpunkt einer der höchsten Werte in der Geschichte des Weltmarktpreises für Kakao.
2. Ernteausfälle um bis zu 40-50% in Westafrika
In kaum einem anderen Teil der Welt machte sich der Klimawandel so stark bemerkbar wie in Westafrika. Während normalerweise mit Beginn der Kakaoernte die Regenzeit vorbei ist, dauerte sie im vergangenen Jahr während der gesamten Kakaoernte an. Dabei regnete es 1-2 Stunden am Tag so stark, dass es teilweise zu Überschwemmungen kommt, da der Boden die Wassermengen nicht aufnehmen kann, während es den Rest des Tages sonnig und warm ist. Einer der Hauptgründe für diese starken Wetterveränderungen ist ein Klimaphänomen namens „El Niño“, bei dem sich die Meeresströmungen durch die Erwärmung des Ozeans verändern.
Neben den klimatischen Veränderungen hat auch die so genannte „Black Pot Desease“ zu Ernteeinbußen geführt. Dabei handelt es sich um eine Pilzerkrankung des Kakaobaums, bei der die Kakaoschoten direkt am Kakaobaum schwarz werden und abfallen, bevor sie überhaupt reif sind.
Diese Veränderungen haben dazu geführt, dass die Kakaoernte 2023/2024 um bis zu 40-50% geringer ausgefallen ist als im Vorjahr, obwohl die Ernte 2022/2023 bereits unterdurchschnittlich war. Mit jeder Nachricht über die Erntemengen stieg der Weltmarktpreis weiter bis auf 3.600 GBP im Dezember 2023. Auf dieser Preisbasis hatten wir Anfang 2024 unsere Preise nachkalkuliert, was zu unserer ursprünglichen Planung einer Preisanpassung des UVP um 0,20 Euro/Tafel geführt hat. Leider sind seit dem Anfang des Jahres allerdings die Kosten für Kakao in Rekordzeit in noch nie dagewesene Höhen gestiegen.
3. Strukturelle Gründe für den Kakaoanstieg
Ein weiterer ganz entscheidender Treiber sind die strukturellen Herausforderungen des Kakaomarktes. Da der Staat über COCOBOD direkt Verträge mit den großen Akteuren des Kakaosektors abschließt und in den letzten Jahren stark vom Zufluss ausländischer Devisen abhängig war, wurden größere Mengen Kakao verkauft als verfügbar waren. Dies ist an sich nicht ungewöhnlich, da diese Kontrakte in der nächsten Ernte geliefert werden. Es funktioniert aber nur, wenn die Kakaoernte steigt oder zumindest konstant bleibt. Da diese Ernte deutlich geringer ausfällt, ist es nun zum Crash gekommen, da die Kontrakte aus der Vergangenheit und die reguläre Nachfrage deutlich über der verfügbaren Kakaomenge liegen. Erhebliche Preissteigerungen waren die Folge.
4. Lieferengpässe & Spekulation
Die Schokoladenindustrie hat in den letzten 12 Monaten beispiellose Rahmenbedingungen (Preisentwicklungen und Verfügbarkeit) am Kakaomarkt erlebt. Bereits der erste Anstieg auf 2.700 GBP im Sommer 2023 war ein Schock für die Industrie. Die meisten Produzenten kauften nur kleine Mengen zu diesem Preis, in der Hoffnung, dass es sich nur um einen kurzfristigen Effekt handeln würde. Doch aufgrund weiterer Missernten stieg der Preis immer weiter an. Seit Anfang dieses Jahres ist die Situation eskaliert. Viele Hersteller mussten dringend Kakao kaufen, um die Produktion nicht zum Erliegen zu bringen. Die Folge: Panikkäufe, bei denen der Preis zweitrangig war, um die Produktion zu sichern. Dies führte zu ungeahnten Preissprüngen. Innerhalb weniger Wochen stieg der Preis pro Tonne von 3.600 GBP auf aktuell über 6.950 GBP. Viele Hersteller von Kakaozwischenprodukten z.B. Kakaomasse und Kakaobutter) bieten nur noch tagesaktuelle Preise an, sofern sie überhaupt genügend Kakao zur Verfügung haben. Aufgrund der deutlich schlechteren Ernte kommt es aktuell zu großen Problemen bei der Verfügbarkeit von Kakao und die ersten Fabriken können unabhängig von den Preisen nicht genug Kakaobohnen bekommen.
Da der Kakao-Weltmarktpreis an der Börse bestimmt wird, haben auch Spekulationen einen großen Einfluss auf den Kakaopreis. Sobald die ersten Nachrichten über Ernteausfälle publik wurden, setzten Spekulanten auf weiter steigende Preise und verstärkten die Anstiegsdynamik, sodass die Spekulationen inzwischen einen erheblichen Einfluss auf die stark gestiegenen Preise haben.
fairafric & WeltPartner: Ausbau der Partnerschaft
Deshalb haben wir uns entschlossen, die Partnerschaft für die Bereiche Bio-Fachhandel, Lebensmitteleinzelhandel, Stadtschokoladen, individualisierte Firmengeschenke und weitere Kundengruppen in Deutschland, Österreich und Südtirol auszubauen. Die zusammen geschaffenen Synergien ermöglichen uns eine noch stärkere Preiserhöhung zu vermeiden.
Auf Grund der oben ausführlich beschriebenen Preisentwicklung und unseren damit verbundenen drängenden Aufgaben, wird die Partnerschaft vollumfänglich, nicht wie ursprünglich geplant im April, sondern im Mai starten. Konkret wird die Umstellung in zwei Stufen erfolgen:
Ab April werden alle Bestellungen an fairafric Schokoladenprodukte nur durch uns, die WeltPartner eG ausgeliefert. Die Rechnungsstellung erfolgt weiterhin zu den bisherigen Konditionen und durch fairafric bis Ende April.
Warum es wichtig ist, fairafric und WeltPartner weiterhin zu unterstützen
Wir hoffen sehr darauf, dass Ihr trotz dieser Neuigkeiten, genauso motiviert unsere Schokoladen anbietet und kauft und damit unsere Ziele in Ghana und hinsichtlich unseres Weges zu „decolonize chocolate“ weiter unterstützt. Euer großes Engagement in Zukunft noch wichtiger sein. Denn sicher werden Fragen auftauchen und manche Konsumenten werden sich überlegen, ob sie die eine oder andere fairafric-Tafel weniger einkaufen. Dabei wollen wir Euch bestmöglich unterstützen und mit Euch diese Ausnahmesituation gemeinsam meistern – mit Transparenz und einer engen Kommunikation.
Wir bei fairafric und WeltPartner danken dir von Herzen für deine Unterstützung auf unserem Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft. Lass uns gemeinsam weiterhin den Unterschied machen und für eine Welt eintreten, in der jeder eine faire Chance verdient.